Montag, 13. August 2012

Grande Finale

Das also... 

... waren sie. Die letzten Tage in Berlin.
Nachdem ich auf das Praktikumsende hin sogar noch meine eigene Story zum erarbeiten und schreiben erhalten habe, fällt der Abschied von der H.O.M.E.- Redaktion gar nicht mehr so schwer. Dennoch werde ich die Miniatur-Irrenanstalt vermissen.
Auf jeden Fall hilft aber die finale Bauchpinselei des Verlagleiters über meinen rebellierenden Magen hinweg. Der hat nämlich gewaltig unter meiner fälschlichen Vorstellung gelitten, dass ich mir, wie damals in meinen zarten 20ern, die Nacht um die Ohren schlagen kann. In Begleitung von den Herren Montepulciano und Hendricks wagte ich mich kürzlich ins Clubleben in Berlin Mitte. Der zugedröhnte, Horrorschinken-lesende Liftboy chauffierte uns dabei in die oberste Etage eines der wenigen wirklich hohen Hochhäuser der Stadt. Kühles Design, smarter Elektrosound und eine atemberaubende Dachterrasse empfangen hier die hauptsächlich trinkwütigen Gäste. Die Zeit verging wie im Fluge, so, dass ich mit Leichtigkeit am nächsten Morgen beobachten konnte, wie Menschen zur Arbeit müssen, wenn andere wiederum überglücklich sind den Heimweg zu finden. Etwas Gutes hatte der Ausflug in diesen Teil des Berliner Nachtlebens jedenfalls: es motivierte, mir Berlin Mitte etwas besser an zu schauen.

Möglichkeiten dazu...

... ergeben sich wie auf Bestellung.
Im ehemaligen kaiserlichen Postfuhramt, dem jetzigen International Forum For Visual Dialogues, kurz C/O, locken eine ausführliche Ausstellung mit den abstandsfreien Bildern Larry Clarks und einigen Werken von Edward Burtynsky. 
Beide Ausstellungen treten ob der grossartigen Ausstellungsräume jedoch beinahe in den Hintergrund. Kaum vorstellbar, dass die Räumlichkeiten, welche früher einmal Platz für 250 Postpferde boten, schon in diesem Herbst zu Hotel- und Verkaufsfläche umfunktioniert werden sollen... 


Von Kunst angefixt zieht es mich nun zu Werken von älterem gestalterischen Geschick. Die Berliner Gemäldegalerie beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei vom 13. bis zum 18.Jh.. Und ist somit unbedingter Touri-Tipp, auch für Kunstbanausen - denn irgendetwas gefällt oder wird zumindest garantiert erkannt. 

Wem nach neueren Jahrgängen ist, darf sich wiederum das Panoptikum an der Torstrasse auf keinen Fall entgehen lassen. In 10 Räumen kann man über ehemalige Funktion und Zweck von allmöglichen und unmöglichen technischen Gerätschaften der letzten 100 Jahre sinnieren. Unlösbare Rätsel sind vorprogrammiert.
 

Wo dank der grosszügigen Anlage beim C/O Berlin keine Warteschlangen zu befürchten waren, ist andernorts das Anstehen schier unbegreiflich. Kino. Da die Filme hier nur ca. 2 Wochen in der Originalsprache gezeigt werden, und danach in mehr oder weniger schlechten Synchronisationen genossen werden müssen, ist der Andrang dementsprechend eindrücklich. Leider stellte sich dann auch eine gewisse Ineffizienz der Kinobetreiber heraus, da nach 30-minütiger Wartezeit der Kinosaal trotzdem nicht voll besetzt wird.

Dann entscheidet man sich vielleicht doch lieber für den Krimi in der Kneipe ums Eck...


Nun...

... ist aber Endspurt angesagt und die letzten freien Tage werden genutzt, um noch alles zu sehen was noch nicht gesehen wurde.

Und zu erledigen, was noch getan werden muss. 
Mit frisch verdunkelten Scheiben (www.autoscheibenfolie-berlin.de; der Beste!!!!) und obligaten Touristenfoto stellt sich nun die entscheidende Frage:

Mittwoch, 1. August 2012

Nackte Tatsachen

Erstaunlich... 

...wie sehr man sich an Berlin gewöhnt. Und wie schnell. 4 Monate reichen bei Weitem aus sich zu Hause zu fühlen. Trotzdem wünschte ich mir manchmal, ich könnte wieder frisch ankommen- jeden Tag. Dann ist wieder jede Wandschmiererei ein Kunstwerk mit politischer Aussage, die Senioren, welche Depot-Flaschen-Sammeln als Job ausüben sind eine Kuriosität, und jeder Hinterhof birgt eine neue Welt.
Aber eigentlich stumpft man hier nur ganz wenig ab. Zu wandelbar ist Berlin. Zu wunderbar.

Und weiss so auch immer wieder zu überraschen. Jeden Tag.













Der lange Aufenthalt birgt weitere Vorteile: Man findet Freunde. Vielleicht sogar fürs Leben. Erst einmal bereichern sie aber den Alltag. 

Begleiten zu unvergesslichen Ausstellungen...

...und wunderbaren Ausflügen.

Berlin...

...ist übrigens eine Insel. Kajak und Kanadier könnten tagelang durch Unmengen von Flussläufen, Seen und Kanäle gleiten. Wir sind zu faul und beschränken es auf ein paar Stunden.


An einem anderen Wasser zu einem anderen Zeitpunkt lerne ich Offenheit und Grosszügigkeit der Berliner kennen. Stichwort FKK. Da können wir einfach nicht mithalten, wir verkrampften Helvetier. Habe mich versucht herauszureden mit dem Vorwand, dass ich zu sehr Ästhetin bin. Dicke alte nackte Menschen sind nicht schön. Tatsache? Schön ist jedenfalls die Normalität wie Nackte und Angezogene nebeneinander agieren. Tatsache.


Je näher nun das unvermeidliche Ende rückt, desto stärker das Bedürfnis es zu ignorieren. Kosmos Berlin möchte aufs Grande Finale hin noch bewusster erlebt, erfasst und kund getan werden.
Keine einfache Aufgabe.

Mein Lieblings-Pilgerort liefert jedoch gewohnt Wunderbares:

In kleinen ...



... und etwas grösseren Dimensionen.



Tempelhof. Wunderbar. Tatsache.


Donnerstag, 19. Juli 2012

Zurück zum Anfang

Die Woche in der Heimat war kurz. Die Zeit reichte aber grade so knapp, um zu erledigen was man so erledigen muss, Freunde treffen (Iris, it was great seeing you again- let's even talk next time!) und...

...mein erstes Auto im Leben erwerben!
 Mobiler Schlafplatz für mich und Motorrad. Und den ersten Task hat mein neuer alter T4 mit Bravour bestanden: er hat uns ohne Murren die 850 km hoch gebracht.
Und dann, kaum zu glauben-  lande ich tatsächlich wieder am Start - geographisch gesehen zumindest.
Wieder da, wo Altbau mit Stuck auf Dönerstube trifft, Swing auf Shisha, getunte Mercedes auf Bioladen und verhüllte Fussballerinnen auf Mopshalter. Ich darf wieder inmitten all dem wohnen. Das Wunderbarste: Ich bin wieder direkt am Tempelhof- diesmal einfach am anderen Ende. 
 Würde vor Glück losheulen. Wenn da nicht schon das Gehäule des Muhezzin aus der Moschee hinterm Haus wäre.
Würde auch gleich wieder endlos viele Fotos von eigentlich Unspektakulärem schiessen.
Aber das Schiessen überlasse ich lieber den Teilnehmern der Familienfehden hier. Zumindest in meinem momentan angeschlagenem Zustand. 
Bin nämlich seit knapp 3 Wochen die ungekrönte Hustenkönigin. Nach 4 Arztchecks ist die Bilanz folgende:
(die Blau-orangen finde ich am eindrucksvollsten)

Diagnose der unglaublich netten Berliner Ärztin: entzündete Zwischenrippenmuskulatur und- Asthma? Dachte das sei schon lange rausgewachsen. Na vielen Dank an all die einst geliebten Bäume hier! Ebenso scheint ein spezielles Unkraut, welches nur auf Berliner Baustellen wuchert, der mögliche  fiese Auslöser für die allergische Überreaktion meiner Bronchien zu sein. Diesem Problem müssen sich laut meiner neuen Lieblingsmedizinerin viele Neuzugewanderte stellen. Pha! Meine Stimmung wird vom ersten anhaltenden miesepetrigen Wetter seit ich hier bin begleitet.

Hält aber nur 2 Häuserblocks weit- dann hellt sich meine Miene wieder auf. Und jetzt freue ich mich auf den Rest hier...

Dienstag, 10. Juli 2012

Ende Teil 1

Eine Woche Heimaturlaub 

...und das erste Mal seit 3 Monaten wieder Zürichs Boden unter den Füssen. Der Zustand des Kulturschocks erreicht mich bereits im Flugzeug (Anmerkung: lediglich 10 min Abflugverspätung trotz fehlendem Schönefeld-Flughafen). Während meine Ellbogen unauffällig versuchen  sich den bezahlten Platz auf der Swiss-Sitzarmlehne zu erkämpfen, werden die Ohren vom Wortschwall des Sitznachbarn vergewaltigt. Als Geschäftsführer eines selbstverständlich erfolgreichen Schweizer Handtaschenlabels, weigert er sich von mir abzulassen, bis ich mich überzeugt davon zeige, dass seine Damenkollektion garantiert etwas für mich zu bieten hat. Meine deutlichen Einwände, dass ich mir wirklich nichts aus Weibertaschen im Krokolook mache, und ich definitiv lieber das Zollfrei-Angebots-Magazin durchblättern will, ignoriert er pflichtbewusst. Schliesslich reden wir Schweizer ja in versteckten Botschaften und somit heisst dann mein 'Nein danke' plötzlich 'Hmm tja, vielleicht? Wer weiss, eventuell?'. In windesweile Umgewöhnen ist angesagt. Diplomatisches Drumrum-Reden. Aber erst wenn wir gelandet sind denn zuerst werden demonstrativ die Kopfhörer aufgesetzt. Hilft auch gegen die Schnarchattacke vom Sitznachbarn am Fensterplatz. Warum nur besteht Mann auf den Aussichtsplatz, wenn nicht nur das Startmanöver, sondern gleich der ganze Flug verpennt werden???

Nächster Schock lauert in Form von Essen, bzw. den Zahlen, welche dem Essen den Verkaufswert aufdrücken... Auch der Rückzug vom überteuerten Flughafen in den kostengünstigeren Kreis 4 kann die eine Sache nicht verschleiern: Zürich ist schweineteuer. Punkt.

Aber schön... Auch wenn das Caliente in seiner Form meiner Meinung nach nicht dazu beiträgt, doch Scherben und Pissgestank gehören zum Glück dank Schweizer Hang zu Hygiene und Ordnung sehr schnell der Vergangenheit an.

Die 800km- Distanz erlaubt mir nun entspannt zurück zu blicken auf einige sehr intensive Wochen in Berlin . Chronologische Reihenfolge wird nicht garantiert.

Zu Beginn 

...gleich mal ein dickes Angeberfoto. Zwar ist es nun nicht gerade so, dass Dominic Raake und ich Big Buddys sind, aber man achte bitte auf beider entspannter Lächeln und Vorliebe für Denim!
Tatort: Drehpause.
Ist zwar höchst illegal aber da ich ja jetzt goodfriends mit dem Herr Kommissär bin, kann ich auch mal ein Foti vom Dreh wagen...
Drah' di net um - oh, oh, oh
Schau, schau, der Kommissar geht um - oh, oh, oh
Er wird di anschau'n und du weißt warum,
die Lebenslust bringt di um
Alles klar Herr Kommissar?

Tatort Nr. 2: Drehende und die richtige Transportmittelwahl.




Weiteres Highlight 

...der letzen Tage ist klar die Bread & Butter Messe im Tempelhof. Einmal mehr beweist der ehemalige Flughafen, dass er eine der spektakulärsten Ausstellungsplattformen überhaupt bietet.
Veranstalter und Aussteller gleichermassen lassen sich dementsprechend nicht lumpen.

Zufällig ausgesuchte Beispiele: 
 Picknick-Wiese in der einen Hangarhalle...

Englisches Pub inkl. Poole-Tisch in der anderen... 
Details halt eben, welche Männer- ...
 ....und Frauenherzen höher schlagen lassen.


 Weiter geht's mit Polospiel auf der ehemaligen Landebahn...


...Wow-Modeshow in der ausgedienten Ankunftshalle...
 (Man beachte die Deckendeko!)

...Auftakts-Operngesang aus dem Ruderboot und...
... geflutete Konzertbühne an der Eröffnungsfeier der B&B.


Des Weiteren fehlen weder Kleiderpuppen für jeden Gusto...
 
...noch Spielzeuge aller Art...
(Spielerlaubnis wurde erteilt)



Apropos Spiel: 

Wider erwarten war die EM-Zeit eine wundervoll friedliche und schöne Phase im Berliner Alltag. Selbst Fussball-Ignoranten kamen nicht umhin den Urlaub-ähnlichen Zustand zu geniessen- wo an jeder Strassenecke wahllos Sitzgelegenheiten und Fernseher rausgestellt wurden und sich Wildfremde während +/- 90 Minuten zusammenfanden und gemeinsam hofften. Des Deutschen Wissen über den internationalen Fussball der letzten 20 Jahre ist bemerkenswert. Gehört wohl zur Allgemeinbildung. Gut verlieren war dieses Mal angesagt. Hut ab. 

Spielen tun sie auch auf der Strasse und mit weniger rundem Instrument. Überall. Dass man in Berlin als Musiker praktisch überall auf den Strassen ohne irgendeine Erlaubnis musizieren darf ist wohltuend.
Ausser man sitzt nach einem langen Bürotag mit Kopfschmerzen in der U1, eine Horde zu gut gelaunter Balkan-Musiker stürmt deinen Waggon und die Möchte-gern-Goran-Bregovic-Band gibt ihre Lebensfreude lautstark zum besten.  Aber alles kann man auch in Berlin nicht haben.

Dafür fliegen hier textile Vögel rum und...

...Herzen gibt es hier auch jede Menge zu verschenken.


Ick freu' mich also auf den letzten Monat da oben, aber bis es soweit ist, geniesse ich gerne die Heimat...